Feel Life Mind

Angsthasen leben länger, aber leben sie besser?

Angst ist ein Urinstinkt, der unser Überleben sichert. Stammesgeschichtlich betrachtet ist Angst eine sehr wertvolle Emotion, die unsere Ahnen als Schutzfunktion zur Flucht und zur Vermeidung von Schmerz, Verletzung oder Tod leitete. Angst hat uns in der Evolution schon immense Vorteile gebracht: wir haben uns nicht an die Wasserstelle gewagt, wenn der Säbelzahntiger auch dort war und wir haben nicht die giftigen Spinnen gestreichelt, die unsere Höhle aufgesucht haben. Wir haben solche Situationen gemieden und sind geflohen. Sonst säßen wir nicht hier und könnten diesen Artikel lesen. Und weil sie so wichtig ist und war, ist die Angst auch eine Basisemotion des Menschen, die Reaktionen und Gedanken nachhaltig beeinflusst.


Aber Angst bringt uns nicht nur Überlebens-Vorteile. Das liegt daran, dass unser Gehirn sehr komplex ist und nicht immer korrekt erkennen kann, ob die Situation oder das Ding bedrohlich ist oder nicht. Und dank der Negativitätsverzerrung ist unser Gehirn unentwegt dabei, überall nach Säbelzahntigern und giftigen Spinnen zu suchen.

 

Exkurs “Negativitätsbias”: Die Aufmerksamkeit wird durch diese innere Einstellung auf die subjektiv negativ bewerteten Faktoren in der Umgebung gerichtet, positive bewertete Faktoren werden hingegen nur eingeschränkt bzw. schwieriger in den Fokus gerückt.

 

Wie häufig hast du schon eine tolle Gelegenheit verpasst, weil du Angst hattest? Wie häufig hast du es versäumt, jemanden anzusprechen, weil du Angst vor Zurückweisung hattest? Wie oft hast du es abgelehnt, ein Risiko einzugehen, weil du Angst vor dem Versagen hattest? Wie oft hast du deine Wünsche nicht ausgesprochen, weil du Angst vor dem Urteil anderer hattest? Wie oft wirst du noch Chancen verpassen oder vermeiden, die dein Leben entscheidend verändern können, weil du Angst hast? Vielleicht hast du Angst vor dem Zahnarzt und gehst deshalb nur alle paar Jahre zur Untersuchung. Oder Flugangst und wirst daher niemals schöne weit entfernte Länder sehen. Oder Angst vor Prüfungen und quälst dich deshalb durchs Studium. Vielleicht hast du Angst vor großen Plätzen und bleibst deshalb immer in deiner vertrauten Umgebung?

 

Du findest dich vielleicht in vielen dieser Beispiele wieder. Das geht mir auch so. Und den meisten anderen Menschen ebenfalls. Angst und Ängstlichkeit sind omnipräsent und begleiten uns in allen Bereichen. Vielleicht sogar in gewissen Maß in jedem Moment. Daher lohnt es sich auf jeden Fall, sich näher mit dem Thema zu befassen und Wege zu finden, produktiv mit der Angst umzugehen, um die eigenen Ziele zu erreichen.

Take-Home-Message#1: Angst kann wie ein zäher Kleber unter deinen Füßen sein, mit dem du nur schwer voran kommst.

Woher kommt die Angst? Was passiert im Gehirn, wenn du Angst hast?
 
Bei der Entstehung von Angst spielt die Amygdala eine zentrale Rolle. Die Amygdala, auch Mandelkern genannt, ist Teil des limbischen Systems und beeinflusst Emotionen und Erinnerungen. Dieses System ist ein sehr alter Teil des Gehirns. Dort hat die Angst ihren Ursprung. Sie funktioniert als zentrale Verarbeitungsstation für externe Impulse und beeinflusst, wie sich diese körperlich Auswirken. Hauptsächlich erkennt sie Situationen wieder und bewertet diese. Dabei beeinflusst der Mandelkern auch die autonomen Funktionen in unserem Körper, wie zum Beispiel den Kreislauf oder die Atmung. Sie emotionalisiert Informationen. Schnappatmung und Herzrasen können die Folge sein.

 

Der Mandelkern gleicht ununterbrochen aktuelle Situation mit Informationen ab, die bereits gespeichert sind. Flammt dabei eine als bedrohlich abgespeicherte Information auf, werden sofort Stresshormone ausgeschüttet und der Körper wird in Alarmbereitschaft versetzt. In einer Situation, die als bedrohlich oder gefährlich eingestuft wird, werden vor allem die Neurotransmitter Acetylcholin, Dopamin und Norepinephrin sowie die Stresshormone Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet.

 

Und schon spürst du die körperlichen Signale deiner Angst. Da diese Prozesse so schnell ablaufen, kann das Großhirn nicht eingreifen und als denkendes Organ rational dagegen angehen. Es ist einfach viel langsamer als das limbische System mit seiner Amygdala.
Würde deine Amygdala nicht so blitzschnell funktionieren oder gar geschädigt werden, könntest du mögliche Gefahren und Risiken nicht mehr einschätzen und müsstest stets deinen Arzt oder Apotheker fragen. Dein Schutzreflex – die Angst – bliebe aus.


Wo liegt die Grenze zwischen normaler Angst und einer Angststörung?
 
Angst vor einer konkreten Situation nennt man Furcht. Sie kann auch Menschen betreffen, die sonst sehr selbstsicher und scheinbar angstfrei durchs Leben gehen. Jeder hat vor irgendetwas Angst. Das ist normal und kann wie gesagt auch sehr nützlich sein. Aber was, wenn deine Angst dich so einschränkt, dass es für dich hinderlich und lästig wird? Spätestens dann solltest du etwas dagegen tun!

 

Wenn du unter einer Angststörung leidest, solltest du auf jeden Fall einen Therapeuten oder einen Coach aufsuchen. Woher weißt du, ob eine Angststörung bei dir auftritt? Wenn du unter wiederkehrenden, nicht vorhersehbaren Panikattacken leidest, verbunden mit Herzrasen, Schwindel und/oder Zittern, ist eine Panikstörung wahrscheinlich. Wenn du langanhaltend starke Ängste oder Sorgen verspürst, könntest du an einer generalisierten Angststörung leiden. Schwindelgefühle können gemeinsam mit der Störung auftreten. Wenn du eine Angst vor einer bestimmten Situation oder Dingen hast und du eigentlich weißt, dass diese nicht bedrohlich ist, und diese Angst mit körperlichen Symptomen verbunden ist, KANN es sich um eine Phobie handeln. Alle diese Formen kannst du behandeln lassen. Sie betreffen etwa 15% der deutschen Bevölkerung. Du bist damit also auf keinen Fall allein.

Take-Home-Message#2: Kein Mensch ist frei von Angst. Aber jeder Mensch kann seine Angst in den Griff bekommen.

Was kannst du tun, damit du mit meiner Angst produktiv umgehen kannst?

 

Schritt 1: Identifiziere deine Angst
 
Zuallererst kannst du dich mal hinsetzen und darüber nachdenken, WOVOR GENAU du eigentlich Angst hast. Weiter oben stehen ja einige Beispiele. Möglicherweise hast du auch Angst davor, was die Leute von dir denken könnten. Oder davor, zu versagen und den Respekt deiner Freunde und Familie zu verlieren. Vielleicht hast du Angst davor, nicht gut (klug, hübsch, begabt) genug zu sein. Was es auch ist: schreib es auf oder gehe es im Kopf durch. Sei dabei ehrlich zu dir selbst. Sonst kannst du es auch sein lassen.

 

Schritt 2: Visualisiere deinen Alltag ohne Angst
 
Stell dir im zweiten Schritt vor, wie dein Alltag aussehen wird, wenn du nicht aus Angst, sondern aus Überzeugung handelst. Wie wäre es, ohne Angst vor der Meinung anderer einfach dein Ding durchzuziehen? Oder wie wäre es, ohne Angst vor der Meinung des Publikums mal vor einer großen Gruppe zu sprechen?


Schritt 3: Akzeptiere deine Angst
 
Die Angst, die du verspürst, ist hilfreich. Sie war es auf jeden Fall mal und könnte es noch heute sein. Angst vor dem Scheitern zum Beispiel hat unsere Ahnen davor bewahrt, aus ihrer sozialen Gruppe ausgeschlossen zu werden. Denn das bedeutete früher oft den Tod. Genauso wie die Angst vor dem Alleinsein oder einige andere Ängste dich davor beschützen wollen. Damals war das wichtig. Heute weißt du, dass du nicht aus deiner Gruppe ausgeschlossen wirst, wenn du eine Rede mit Pauken und Trompeten versaust oder einen Auftrag nicht über die Maßen erfüllst.  
Nimm die Angst hin, so wie sie kommt, denn sie will dich eigentlich nur beschützen. Wir könnten ihr dafür eigentlich sogar dankbar sein.

 

Schritt 4: Identifiziere, was du gewinnen kannst, wenn du deiner Angst trotzt (es sei denn, der Säbelzahntiger haucht dir tatsächlich seinen Atem in deinen Nacken)
 
Hast du dir schon einmal vorgestellt, wie es weitergehen könnte, nachdem du deiner Angst den Mittelfinger gezeigt hast? Ich bin einmal von einem Hochhaus gesprungen (natürlich gesichert und unter Aufsicht), weil ich Höhenangst habe. Du hast richtig gelesen: WEIL ich Höhenangst habe. Und was ist passiert? Nachdem ich festgestellt habe, dass ich jetzt gerade wohl doch noch nicht sterben muss, bin ich nochmal gesprungen. Und ich fand es genial. Danach bin ich aus einem Flugzeug gesprungen und hab auch das überlebt. Höhenangst hab ich immernoch, aber das ist ok, denn ich weiß jetzt, dass ich trotzdem springen kann und es überlebe. Wie könnte das bei dir aussehen? Welche Erkenntnis oder Erfahrung könntest du machen? Wie kannst du dein Leben bereichern, indem du deine Angst bezwingst?

 

Schritt 5: Entscheide dich für eine Handlung
 
Wenn du nun deine Angst benennen kannst und auch weißt, dass sie dich nur beschützen will und dir vorgestellt hast, was passieren kann, wenn du sie überwindest, dann sind dir jetzt vermutlich auch deine Handlungsoptionen bekannt. Wähle eine. Entscheide dich.

Take-Home-Message#3: Du kannst du deine Angst mindern oder sogar ganz loswerden.

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