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Emotionen – Wie du Herr deiner Gefühle wirst und sie für dich nutzen kannst

Die Erkenntnis, dass nahezu jede deiner Verhaltensweisen emotionsgetrieben ist, könnte dich möglicherweise erschrecken. Fast keine deiner Entscheidungen ist rational getroffen, fast jede Entscheidung und jede Handlungsweise wird von deinem „Bauchgefühl“, deinen Ängsten oder deinen Motivationen bestimmt. Deine emotionale Reaktion auf Reize aus deiner Umwelt beeinflussen deine Entscheidungen und dein Verhalten im Privatleben und bei der Arbeit.

 

Aber alles halb so wild, denn du kannst lernen, ebenfalls Einfluss auf deine Emotionen zu nehmen und damit dein Verhalten und deine Entscheidungen so zu lenken, dass du mit jeder Situation produktiv umgehen kannst. Wir Menschen tendieren eh dazu, unsere Emotionen unbewusst und bewusst zu lenken, um unser Wohlbefinden und unser positives Selbstbild aufrechtzuerhalten. Du verfügst über verschiedene Strategien zur Regulation deiner Emotionen, die du im Laufe deines Lebens, hauptsächlich während deiner Kindheit, erlernt hast.

 

Wenn du zum Beispiel Bitcoins gekauft hast und jetzt siehst, dass der Kurs aktuell im Keller liegt, dann kannst du zum einen deine Aufmerksamkeit auf etwas Erfreulicheres lenken. Vielleicht hast du ja noch woanders investiert. Oder du meidest es für die nächste Zeit, den Kurs zu checken oder du machst dir die Situation etwas angenehmer und gönnst dir beim nächsten Check des Wechselkurses zum Beispiel ein Gläschen. Vermeidung, Verdrängung und Ablenkung sind wohl die bekanntesten Methoden zur Regulierung der eigenen Emotionen. Doch es gibt noch weitaus mehr Strategien, die du anwenden kannst, um negativen Emotionen den „Wind aus den Segeln“ zu nehmen und positive Emotionen zu stärken und hervorzurufen.

Take-Home-Message #1: Deine Emotionen steuern dein Leben. Du kannst deine Emotionen steuern.

Was sind Emotionen eigentlich?

 

Der Begriff Emotion wurde bisher noch nicht eindeutig definiert, obwohl er in verschiedenen Disziplinen benutzt und über ihn diskutiert wird.

Es werden verschiedene Klassen emotionaler Zustände festgelegt, die sich in ihrer Dauer, Intensität und in ihrem auslösenden Ereignis unterscheiden:

 

Ein Affekt ist intensiv, kurz und das Verhalten folgt wie automatisch als unmittelbare Reaktion auf eine auslösende Ursache.

Eine Stimmung hingegen ist schwacher Intensität, dafür aber länger anhaltend und global, sodass die Ursache kaum auszumachen ist.

Bei einer Emotion ist die Ursache erkennbar, sie ist mittlerer Intensität, begleitend von Gedanken und Vorstellungen. Emotionen, die wir benennen, werden zum Gefühl. Ein Gefühl kann man also bewusst wahrnehmen und in Worte fassen.

 

Emotionen zu definieren ist also gar nicht so einfach, doch werden sie durch eine äußere Reizsituation sowie die damit verbundenen Gedanken und Bewertungen ausgelöst und gehen mit zeitlich befristeten Veränderungen des Erlebens und Verhaltens einher. Emotionen entstehen somit, wenn du Reize als relevant für das Erreichen deiner Ziele beurteilst und können deine Handlungen beeinflussen. Diese emotional relevanten Aspekte einer Situation können extern sein, also zum Beispiel die Anwesenheit einer Person, oder intern, also mentale Repräsentationen wie Erinnerungen oder Vorstellungen. Du bewertest eine emotional relevante Situation – je nach Erfahrungen und in Bezug auf deine Ziele —
als positiv oder negativ.


Was passiert im Gehirn, wenn ich wütend oder traurig bin?

 

Lass uns einen Blick in das menschliche Gehirn werfen, um die Herkunft von Emotionen zu verstehen. Für das Entstehen von Emotionen ist unter anderem das limbische System verantwortlich. Ein Teil davon ist die Amygdala. Eine weitere wichtige Rolle spielt der orbitofrontale Cortex und der cinguläre Cortex. Im Folgenden werden die Funktionen kurz erklärt:

 

1. Die Amygdala ist die zentrale Region für emotionale Verarbeitungsprozesse.
Sie hat eine mandelförmige Struktur und befindet sich direkt vor dem Hippocampus. Sie hat die zentrale Aufgabe, emotional relevante Informationen zu entschlüsseln und ist an Lernprozessen und der Speicherung von emotionalen Gedächtnisinhalten beteiligt. Sie decodiert innerhalb von Millisekunden, ob eine emotional relevante Information schädlich oder nützlich ist und kann somit in Gefahrensituationen sehr schnell das Verhalten einer Person regulieren, ohne dass diese die Situation bewusst als Gefahr bewertet hat.

 

2. Der orbitofrontale Cortex, befindet sich direkt über den Augen. Er spielt eine zentrale Rolle beim Lernen eines emotionalen und motivationalen Werts eines Reizes. Befindest du dich beispielsweise in einem Meeting mit deinem Chef, so ist der orbitofrontale Cortex dafür verantwortlich, die Umweltreize als wichtig zu bewerten.

 

3. Der cinguläre Cortex ist eine wichtige Schaltstelle für die Emotionsregulation. Außerdem stellt der cinguläre Cortex Konflikte zwischen dem aktuellen und dem erwünschten Zustand fest und leitet durch Veränderungen im Verhalten Korrekturen ein.
Wozu ist es denn gut, starke Emotionen wie Trauer oder Aufregung zu spüren?

 

Emotionen haben Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen und haben unterschiedliche Funktionen. Aktuell wird die Hauptfunktion in der Organisation und Motivation des Verhaltens gesehen. So können sie eine informative Funktion haben. “Angst” kann uns beispielsweise auf eine Gefahrensituation hinweisen, physiologische Veränderungen in unserem Verhalten auslösen und unserem Überleben dienen. Auch können sie eine soziale Funktion haben, denn Emotionen beeinflussen deine zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie können Beziehungen vertiefen, wenn diese positive Emotionen hervorrufen oder dazu führen, dass du den Kontakt zu Personen vermeidest, wenn diese negative Emotionen in dir wecken. Außerdem können Emotionen eine motivierende Funktion haben. Hast du in der Vergangenheit einen Misserfolg erlebt, können dich die damit verbundenen Gefühle dazu anspornen, dich in Zukunft mehr anzustrengen, um einen Erfolg zu erzielen.

Take-Home-Message #2: Angst hält dich am Leben, kann dich aber auch vom Erreichen deiner Ziele abhalten.

Wie können Emotionen reguliert werden?

 

Wenn du versuchst, Einfluss darauf zu nehmen, was du fühlst, wie lange du es fühlst und wie du das Gefühl erlebst, spricht man von Emotionsregulierung oder Emotionskontrolle. Diese Kontrolle erfordert enorme psychische Ressourcen.

 

Ebenfalls sehr aufwändig ist es, deine Emotionen zu unterdrücken. Die Folgen unterdrückter Emotionen sind enorm: die Kommunikation mit deinem Gesprächspartner wird vermutlich gestört, deine emotionale Erfahrung fällt weit weniger positiv aus und auch deine gute Beziehung mit deinem Gesprächspartner kann dadurch gestört werden. Und die Krönung des ganzen zeigte eine Studie von Butler et al. aus 2003: wenn du deine Emotionen unterdrückst, erhöht sich nicht nur dein Blutdruck sondern auch der deines Gesprächspartners!

 

Du kannst deine Emotionen auf verschiedenen Ebenen kontrollieren: du kannst einerseits Einfluss auf deinen emotionalen Ausdruck nehmen, also nach außen regulieren, und andererseits kannst du beeinflussen, wie du dich innerlich fühlst.
Du kannst Emotionsregulation, wie du schon weißt, bewusst oder unbewusst betreiben, sie kann automatisch oder kontrolliert ablaufen und in verschiedenen Stationen der Emotionsgenese ansetzen.

 

Durch die Regulation kannst du unerwünschte Emotionen mindern und erwünschte intensivieren bzw. sogar überhaupt erst entstehen lassen. Die Intensität der Emotionen kann entweder reduziert, aufrechterhalten oder erhöht werden. Ansetzen kann man dabei entweder am Auslöser selbst oder an deiner Reaktion.


Was, wenn das Schwiegermonster kommt? – Emotionesregulierung an Ort und Stelle

 

Viele Auslöser und Situationen, die bei dir unerwünschte Reaktionen hervorrufen, werden dir sicherlich bereits bewusst sein. Wenn das Schwiegermonster unangekündigt vor der Tür steht, ist nicht jedem nach Heiterkeit zumute. Oder wenn die Lieblingsmannschaft das wichtigste Spiel des Jahres verliert, kann es auch schonmal zu unpassenden Reaktionen kommen. Wenn du dann reflektiert genug bist, um die Situation als Auslöser für deine Reaktion zu identifizieren, kannst du z.B. deine Aufmerksamkeit gezielt steuern. Auf die netten Seiten des unerwarteten Besuchs. Vielleicht kocht sie ja sehr lecker oder räumt überdurchschnittlich gerne hinter dir auf (Methode: Aufmerksamkeitssteuerung). Du kannst dich auch ganz einfach ablenken und etwas Erfreulicheres tun. Zugegeben, wenn du gerade die Tür geöffnet hast und einfach direkt wieder verschwindest, weil dir der unerwünschte Gast nicht passt, wird es kompliziert, hinterher zu erklären, dass du die Technik der Ablenkung durch positive Aktivitäten (APOS) oder der Situationsselektion angewendet hast.

 

Wenn dir bewusst ist, was genau dich an der Situation eigentlich emotional so aufwühlt, dann kannst du unter Umständen auch genau das modifizieren, statt deine Emotionen zu bearbeiten. Hol dir zum Beispiel deinen besten Kumpel nach Hause und mach das Beste draus (Situationsmodifikation).

 

Wenn all diese Methoden keine Aussicht auf Besserung darstellen und der Auslöser sich nicht in’s rechte Licht rücken lässt, musst du wohl oder übel an dir selbst arbeiten. Das ist zwar mit weitaus mehr psychischen Ressourcen verknüpft und daher anstrengender als einfach die Situation zu meiden oder zu ändern, hat aber auch einen weitreichenderen Effekt. Wenn du an deinem Umgang mit Emotionen arbeitest, stellt sich der sogenannte Domino-Effekt ein. Die Erfahrung einer emotionalen Reaktion, die der Situation und deiner Umgebung eher angemessen erscheint, hat Einfluss auf den Verlauf einer gleichen oder ähnlichen Situation in der Zukunft. Du wirst das Verhalten, das du einmal an den Tag gelegt hast, wahrscheinlich noch einmal zeigen.

 

Öffnest du also die Tür und deine Schwiegermutter steht davor, kannst du ganz bewusst deine unpassenden Gedanken unterbrechen, indem du dir selbst “Stopp” sagst. Diese Methode nennt sich Gedankenstopp und wurde in den 50er Jahren entwickelt, um in der Verhaltenstherapie sich häufig wiederholende, belastende Gedanken zu stoppen. Wenn dir das nichts ist und du lieber unter einem Tarnmantel an deiner inneren und äußeren Reaktion arbeiten möchtest, kannst du dich durch gezielte Atemtechniken ad hoc beruhigen. Dafür brauchst du nur wenige Sekunden und du kannst es in fast jeder Situation anwenden.

 

Über das Box Breathing haben wir ja bereits einen Artikel verfasst, den du hier nachlesen kannst. Diese Übung gehört zu den Atemtechniken des Coherence Breathing oder Kohärenzatmung. Diese Atemübung hat sich als unterstützende Übungsform für alle möglichen Arten von Belastungen und Störungen bewährt. Außerdem hilft sie bei Schlafstörungen, Panikanfällen und Angstzuständen. Sportler nutzen das kohärente Atmen, um ihre Ausdauerleistungen zu verbessern, und Meditierer kommen mit der Methode schneller in den Zustand des inneren Friedens und Gewahrseins. Das klingt erstmal sehr einfach und nicht sonderlich aufregend, aber die Effekte von Atemtechniken sind enorm. Es ist ganz einfach: atme langsam und tief ein, zähle dabei zum Beispiel bis 4, halte die Luft für vier Sekunden an, atme langsam und tief aus und zähle dabei auch bis 4 und halte die Luft noch einmal an, während du bis vier zählst. Wiederhole das, bis du zum gewünschten Ergebnis kommst.

 

Du kannst ebenfalls Einfluss auf deine Laune nehmen, indem du deine Körpersprache und deine Mimik anpasst. Und zwar legst du einfach ein Lächeln auf und dein Gehirn registriert das als positive Erfahrung. Psychologen nennen das facial feedback.
Deine Körpersprache sollte ausgedehnt und offen sein. So demonstrierst du deinem Gehirn und deiner Umwelt Macht und Power. Das Einnehmen einer solchen Körpersprache wird auch Power Posing genannt.

Take-Home-Message #3: Du kannst deine Emotionen auf unterschiedlichste Weise kontrollieren. Atemübungen können zum Beispiel in jeder Situation unbemerkt durchgeführt werden. Auch deine Körperhaltung und deine Mimik haben Einfluss darauf, wie du dich fühlst.

Wie du mit Emotions-Regulierungs-Training deine emotionale Fitness steigerst

 

1. Emotion bewertungsfrei wahrnehmen
Damit du nicht von deinen Gedanken und Emotionen gelenkt wirst, sondern DU deine Gedanken und Emotionen steuern kannst, musst du zuerst lernen, deine Emotionen wahrzunehmen. Das klingt einfach, ist aber in der Praxis oft etwas komplizierter. Eine Emotion kann eine andere überlagern oder es kann mehr als eine Emotion zu einem Zeitpunkt empfunden werden. Der erste Schritt ist es also, in dich hinein zu hören und deine Emotion(en) wahrzunehmen, ohne sie zu bewerten.

 

2. Emotion akzeptieren und vorbeiziehen lassen
Im zweiten Schritt lernst du, zu akzeptieren, dass die Emotion in dir aufkommt und lässt sie einfach ziehen. Danach hast du genug Ruhe und Macht, um deine Reaktionen und dein Verhalten zu steuern. Die Meditation “Letting Go” aus unserem Trainingsprogramm trainiert genau diese Fähigkeit.

 

3. Positive Emotionen verstärken
Das Ziel unseres FLOW-Trainings ist es, dass du deine Alltagsherausforderung mit mehr Flow meistern kannst. Unser Trainingsprogramm basiert auf vier Säulen, die alle nachweislich Teile der Flow Persönlichkeit (autotelische Persönlichkeit) trainieren. Darin trainierst du deinen Fokus, das Gefühl von Leichtigkeit (zu dem auch die Emotionsregulation gehört), deinen Optimismus und einen Wachstumsmindset. Innerhalb dieses Trainings lernst du, wie du deine Emotionen regulieren, positive Emotionen kultivieren und dein Verhalten leicht kontrollieren kannst.

Beginne jetzt mit deinem Flowtraining

Lerne besser mit deinen Emotionen sowie externen Ablenkungen umzugehen und verbessere mit deinem persönlichen Trainingsplan deine mentale und emotionale Fitness.

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Literatur:

 

Becker-Carus, C. & Wendt, M. (2017). Allgemeine Psychologie (2. Aufl.). Berlin: Springer.

 

Scheibe, S. (2010). Emotionsregulation: Strategien, neuronale Grundlagen und Altersverän-derungen [Emoti- on regulation: Strategies, neural basis, and age-related changes]. In M. Reimann & B. Weber. Neuroökonomie (pp. 59-84). Wiesbaden: Gabler. doi: 10.1007/978-3-8349-6373-4_4.

 

Hans Menning: Positive Emotionen, Kapitel 15

 

https://www.researchgate.net/publication/298790203_Positive_Emotionen

 

Scheibe, S. (2010). Emotionsregulation: Strategien, neuronale Grundlagen und Altersveränderungen [Emotion regulation: Strategies, neural basis, and age-related changes]. In M. Reimann & B. Weber. Neuroökonomie (pp. 59-84). Wiesbaden: Gabler. doi: 10.1007/978-3-8349-6373-4_4

 

Stangl, W. (2018). Stichwort: ‚emotionale Kompetenz‘. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik

 

Butler, E. A., Egloff, B., Wlhelm, F. H., Smith, N. C., Erickson, E. A., & Gross, J. J. (2003). The social consequences of expressive suppression. Emotion, 3(1), 48-67